Die Stadt Dinslaken feierte im Jahr 2023 ihr 750-jähriges
Stadtjubiläum. Aus diesem Anlass ist u.a. die Visualisierung der Keimzelle der Stadt, der Burg,
geplant. Die Genese dieses – heute als Rathaus fungierenden – Gebäudekomplexes sollte im Computer
wiedererstehen.
Wir haben uns sehr gefreut, die Visualisierung übernehmen zu dürfen. Das Museum
Voswinckelshof im stadthistorischen Zentrum beauftragte uns mit der Umsetzung. Nach einführenden
Gesprächen wurde die 3D-Rekonstruktion und Animation von vier Zeitebenen vereinbart. Im kleinen 2er-Team, d.h. Justin Weller und Frank Dießenbacher, entstanden von Frühjahr bis Ende 2022 Rekonstruktionen der Burganlage in den Zeitebenen 1000, 1280,1650 und 1909.
Burg Dinslaken heute - Rathaus und Standesamt
Zur Baugeschichte der Burg - Ein Kurzfilm
Ein Modell
Geschichte und Visualisierung der Burg Dinslaken
Die Anfänge
9. Jahrhundert
Wohl schon in dieser Zeit entsteht im Bereich des heutigen Rathauses eine Motte. Motten gelten als
Vorläufer der Burgen. Hölzerne turmförmige Gebäude, die aus fortifikatorischen Gründen auf einem
Erdhügel standen, umgeben von Palisaden und einem Graben. Dieser Standort mit seinen Ausläufern des
Rotbachs und umgeben von Moorgebieten gilt seinerzeit als sicherer Siedlungsplatz.
1163
Zu einer Motte gehört in der Regel eine Siedlung. Und so entsteht südlich angrenzend Dinslaken. Als
älteste Erwähnung dieses jungen Ortes gilt eine Urkunde aus dem Jahre 1163 mit dem Adligen "Antonius
de Dincelachen"[1].
12. und 13. Jahrhundert
1190
wird die Burg als "castellanus"[2] bezeichnet, was auf einen Ausbau
aus Stein hinweist.
Graf Dietrich VII. von Kleve verleiht der Siedlung Stadtrechte [1][2][3].
1288
Der Graf übernimmt die Burg.
14. Jh.
Burg dient den Klever Grafen als Witwensitz und Pfandobjekt.
1396
St. Vincentius erstmals erwähnt als Kapelle, offensichtlich an der Stelle der heutigen Kirche[2].
15. + 16. Jahrhundert
ca. 1420
Burg wird deutlich ausgebaut, u.a. Bau des mächtigen Rundturms unter Herzog Adolf I. (regierte 1394
– 1448)[1]. Heute lediglich die Fundamentlagen aus Basalt
erhalten. Etwa zeitgleich Bau der ersten Stadtmauer[4]
1433
Kloster Marienkamp entsteht.
Mitte 15. Jh.
Bau von St. Vincentius.
1465
Nennung der „Posterkens poirten“, dem Verbindungstor zwischen Burg und Stadt[2].
1495/96
Als Teile der Burg werden genannt: Küche, Backhaus, Koehuis, Pferdestall, Zehntscheune, neue Brücke
an der nederster poirten, toubruggen, poirthus, alte kemerlinx kammer baven den windelsteyn
(Wendeltreppe) im alten Turm, Schornstein baven den nyen sadell über dem Graben[2].
1502
Der Magistrat erlangt das Recht, Biersteuer zu erheben.
1517
„Burg sei unlängst abgebrannt.“[2]. Burg wird durch Feuer
beschädigt. Danach vermutlich Errichtung des Nordflügels[1].
Im Turm werden prominente Gefangene gehalten, die der Hexerei oder als Wiedertäufer beschuldigt
wurden.
1627
Niederländische Truppen brennen die Burg nieder. Laut Wikipedia[1] und Städteatlas[2] jedoch
nicht belegt! Stattdessen wird nur von einem schlechten baulichen Zustand der Burg berichtet. Nach
Dittgen[5] wird „der Hauptbau wahrscheinlich … im Krieg der
Spanier mit den Niederländern im Jahre 1629 niedergebrannt“. Das fällt in die Zeit des Stichs von
Feltmann. Der zeigt offensichtlich den desolaten Zustand der Burg. Ohne Ummauerung, nur von einer
Palisade umgeben
1650
Helm des Hauptturms durch Brand zerstört. Ebenso Dächer des Torhauses[1]. „Die jüngst verbrannte Spitze des Hauptturms und daraus
resultierende Schäden, u.a. die Schreibstube“[2]
Ca. 1650
Am Ende des 30-jährigen und des Spanisch-Niederländischen Krieges befinden sich Burg und Stadt
Dinslaken in einem desolaten Zustand. Auch wirtschaftlich lagen Burgherr und Stadt am Boden.
Spanier und Niederländer hatten am Niederrhein, so auch hier, gewütet, immer wieder Städte erobert. Burg Dinslaken war nicht verschont geblieben.
Der sogenannte "Feltmann-Stich". Erste bildliche Darstellung von Burg und Stadt.
Der "Feltmann-Stich" gibt wichtige Hinweise zur Gestalt der Burg in jener Zeit. Burgmauern mit
Wehrgang sind nicht zu erkennen. Stattdessen ist das Burgareal offensichtlich von einer Palisade
umgeben. Kleinere Gebäude stehen innerhalb der Anlage. Viel Vegetation zwischen den Gebäuden.
Der Burghelm ist dem Feuer zum Opfer gefallen. Überliefert ist die Höhe des Turms von 40 Metern.
Rekonstruktion der Burg um 1650
17. und 18. Jahrhundert.
1667
Dinslaken geht in den Besitz der Kurfürsten von Brandenburg über.
1709
Errichtung des Südwestflügels mit seinen Wirtschaftsgebäuden[1].
17. und 18. Jh.
Mehrfache Umbauten.
1770
Turm wird durch Blitzeinschlag schwer beschädigt (Dittgen).
1784
Dinslaken zählt 870 Einwohner.
1816
Dinslaken fällt nach den Napoleonischen Kriegen zurück an Preußen.
1820
Teil des großen Turms stürzt ein. Reste werden vollständig niedergelegt.
1830
Walsumer Tor wird abgetragen.
1841
Eppinghover-Tor wird abgetragen.
1853
Familie de Fries erwirbt die Anlage, nutzt sie für landwirtschaftliche Zwecke und etabliert eine
Schnapsbrennerei.
1855
Dinslaken zählt 1752 Einwohner.
1856
Cöln-Mindener Eisenbahn.
20. Jahrhundert.
1900
Stadtrat beschließt die Rückerwerbung der Burg.
1906
Stadt Dinslaken erwirbt die Burg.
1907 - 1909
Auf den Trümmern der Burg wird das Kreishaus errichtet. In der Nacht vor der Einweihung brannte die
Anlage vom 6. auf den 7. April 1909 nieder. Der Wiederaufbau erfolgte sofort, und im Herbst
desselben Jahres konnte die Kreisverwaltung ihr neues Domizil beziehen.
18.08.1934
Fertigstellung des Burgtheaters.
1945
Fast völlige Zerstörung von Burg und Stadt.
1952
Wiederaufbau in modernen Formen.
Seit 1984
Burg beherbergt Rathaus, Standesamt und Stadtarchiv.
Die Bilder zeigen das junge Kreishaus 1909.
Die Sitzungen im Kreishaus gingen oft bis in die Nacht:
Clemen, Paul. Die Kunstdenkmäler der Stadt Duisburg und der Kreise
Mühlheim a. d. Ruhr und Ruhrort. Düsseldorf: L. Schwann, 1893. S. 51 - 54. Online einsehbar unter https://archive.org.